Technik-Ethik im Anthropozän

Technologien bieten einerseits innovative Lösungen für die Probleme der Menschheit, verursachen aber auch durch ihre – teils unvorhersehbaren Nebenfolgen – neue Probleme. Sehr anschaulich wird das am Beispiel der anthropogenen globalen Erwärmung. Durch die Entwicklung von Dampfmaschine und Kohlekraftwerken brachte elektrischer Strom viele Vorteile für die Menschheit, die Folgen wurden aber erst um 1950 langsam bekannt. Um nun der globalen Erwärmung entgegen zu wirken, gibt es neue Vorschläge für sog. Geoengineering-Verfahren, die z.B. CO2 aus der Atmosphäre filtern und unterirdisch einlagern (sog. Carbon-Capture-and-Storage, CCS) oder mittels kleiner Aerosol-Partikel in der Stratosphäre Sonnenlicht reflektieren und so der globale Erwärmung entgegen wirken (sog. Solar-Radiation-Management-Verfahren, SRM).

Ethisch stellt sich dabei die Frage inwieweit der Mensch in das Erdsystem eingreifen soll. Wie gehen wir mit unvorhersehbaren Risiken um? Wo liegen die Grenzen von Technologien, wo aber auch eine moralische Pflicht, sie in Abwägung der zu erwartenden Erfolge und Risiken zum Wohle zukünftiger Generationen einzusetzen?

Mit solchen Fragen setze ich mich in meiner Promotion zum Thema „Das Anthropozän als Herausforderung für die Theologie“ auseinander. Anthropozän steht dabei für ein ab ca. 1950 anbrechendes neues Erdzeitalter, indem sich des Mensch aufgrund seiner technologischen Möglichkeiten zu der dominierenden geologischen Kraft auf das Erdsystem entwickelt hat. Gleichzeitig hat es sich zu einem Reflexionsbegriff und zur Grundlage für Weltbilder entwickelt.

Im Hinblick auf die Theologie sind dabei folgende Fragestellungen besonders interessant:

  • In welchem Verhältnis stehen Natur und Kultur bzw. Technik im Anthropozän?
  • > Im Anthropozän-Diskurs wird dazu die These vertreten, Natur und Kultur bzw. Technik seien nicht mehr voneinander zu trennen, da es nahezu keine vom Menschen unberührte Natur mehr gibt, dafür aber in anthropogene Systeme eingebetteten Biome / Ökosysteme, die teils aktives Management benötigen. .
  • Inwiefern stellt das Anthropozän als eine Form der Weltdeutung die theologische Rede von „Schöpfung“ infrage?
    > Die Weltdeutung des „Anthropozän“ stellt den christlichen Glauben grundlegend infrage: Braucht man Gott noch, wenn der Mensch durch Technik nahezu alles zu kontrollieren vermag? Eine der Herausforderungen für die Theologie im 21. Jhdt. besteht darin, Wege aufzuzeigen, wie eine christliche Perspektive auf das Anthropozän eingenommen werden kann.
  • Welche ethischen Kriterien können eine Orientierung geben, inwieweit der Mensch, z.B. durch Geoengineering-Verfahren in das Erdsystem eingreifen darf?
    > Für die Entwicklung und Anwendung von Technologien, die einen großen Einfluss auf das Erdsystem haben (z.B. Geoengineering, aber auch CrsprCas oder die Entwicklung Allgemeiner Künstlichen Intelligenz) brauchen wir ethische Beurteilungskriterien, die auf bestehende ethische Prinzipien aus der philosophischen und theologischen Ethik anknüpfen können.

Diesen und weiteren spannenden und hochaktuellen Fragen widme ich mich in meinem theologisch-ethischen Forschungsprojekt zum Anthropozän. Bei näheren Fragen hierzu oder Interesse, mich als Referenten anzufragen, können Sie mich gern kontaktieren.

Weitere Informationen und Links:

Pressebericht: „Wie weit darf der Mensch gehen“, Hallo Ebersberg, 12.10.2019